Camino de Santiago 2021 | Der Blog
Freitag, 12. März: 11,8 km
Wunderbarer Lauf mit Janina, 6 + 6.
Der Sturm hat in unmittelbarer Nähe eine kapitale Buche umgeworfen, Amy war ganz aus dem Häuschen. Meine Oma hat mal gesagt: „Wenn ein Baum fällt, dann klingt das wie ein Schrei!“ – Recht hatte sie.
„Die Seele geht zu Fuß.“
– Arabisches Sprichwort –
Sierra de Atapuerca
Die Sierra de Atapuerca ist ein kleiner Gebirgszug nördlich von Ibeas de Juarros in der Provinz Burgos (Castilla y León, Spanien), der sich zwischen dem Kantabrischen und dem Iberischen Gebirge von Nordwesten nach Südosten erstreckt. Sie wurde wegen der außergewöhnlichen archäologischen und paläontologischen Funde in ihrem Inneren zum Naturschutzgebiet, zum schützenswerten Kulturgut und zum UNESCO-Welterbe erklärt. Gefunden wurden Fossilien von mehren Arten der Hominini: Homo antecessor, Homo heidelbergensis, Homo neanderthalensis und Homo sapiens.
Die ersten systematischen Erkundungen des karstischen Systems der Cueva Mayor (span. ‚größte Höhle‘) fanden Mitte des 19. Jahrhunderts statt. Allerdings war die Höhle bereits seit langer Zeit bekannt und besucht. Im Jahre 1863 beantragte Felipe Ariño die Besitzrechte an der Höhle. Fünf Jahre später, im Jahre 1868, veröffentlichen Pedro Sampayo und Mariano Zuaznávar eine detaillierte Beschreibung der Höhle, in der sie zum ersten Mal die so genannte Sima de los Huesos (span. ‚Knochengrube‘) beschreiben. Diese wird 1890 ein weiteres Mal in einem Antrag auf Genehmigung des Bergbaus in anderen Bereichen der Cueva Mayor erwähnt. In ähnlicher Weise folgten eine Vielzahl von Plünderungen und Zerstörungen des Höhleninneren.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden einige Funde gemacht, die den archäologischen Reichtum der Zone vermuten ließen. Dennoch wurden erst im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts umfassende und systematische Untersuchungen durchgeführt. Erst jetzt wurde klar, dass es sich bei dem Fundgebiet um eines der wichtigsten Europas und eines der bedeutendsten der Welt handelte, in dem Fundstücke ausgegraben wurden, die die Vorstellung von der Geschichte der Menschheit verändert haben. Es wurden Überreste aus einem Zeitraum vom Altpleistozän (mit einem Alter über einer Million Jahre) bis zum Holozän (gegenwärtige Epoche) gefunden, die Aufschluss über Fauna, Flora und Klima geben. Dieser archäologische Komplex wurde von der UNESCO zum Welterbe erklärt (2000) und hat den Prinz-von-Asturien-Preis für wissenschaftliche und technische Forschung erhalten (1997).
Die Ausgrabungsstätten sind außergewöhnlich wegen ihres Reichtums an Fossilien, deren gutem Erhaltungszustand und wissenschaftlicher Bedeutung. Die gefundenen Steingeräte umfassen alle technologischen Stadien, von den primitivsten Formen der Steinbearbeitung bis hin zu Exemplaren aus der Bronzezeit. Auch eine neue Höhlenbärenart, der Ursus dolinensis, wird gefunden.
Die wichtigsten Funde sind jedoch die Überreste von Vertretern der Gattung Homo. Sie finden sich in verschiedenen Grabungen, was ungewöhnlich ist. Unter ihnen befinden sich die von ihren spanischen Entdeckern als Homo antecessor bezeichneten, auf ein Alter von 1,1 Millionen Jahre datierten Funde. Andere Forscher stellen diese älteren Funde jedoch zu Homo erectus und die jüngeren zu Homo heidelbergensis.
Die Fundstelle der Sima de los Huesos ist eine kleine Kammer am Grund eines 13 Meter tiefen Lochs an der tiefsten Stelle der Höhle Cueva Mayor, in der man eine große Anzahl Knochen von Hominini und Tieren gefunden hat. Die Sedimente aus dem Mittelpleistozän sind hervorragend erhalten; eine Datierung aus dem Jahr 2007 berechnete zunächst ein Alter von 600.000 Jahren,[5] 2014 wurde ein Alter von 430.000 Jahren publiziert[6] und 2019 schließlich eine Zeitspanne von 455.000 ± 17.000 bis 440.000 ± 15.000 Jahren.[7]
Was die Fundstelle so bedeutend macht, sind mehr als 6700 Fossilien, die zu einer Gruppe von 28 sehr vollständig erhaltenen Individuen der Spezies Homo heidelbergensis aller Alter und Geschlechter gehören.[8] Diese Funde stellen über 90 Prozent aller bislang entdeckter menschlichen Fossilien aus dem Mittelpleistozän dar und sind die größte Ansammlung homininer Fossilien, die bislang weltweit entdeckt wurde.[9]
Aus diesen Funden stechen zahlreiche Schädel hervor, unter denen sich auch der Schädel Nr. 5 befindet, der weltweit besterhaltene Schädel eines Homo heidelbergensis, der im Volksmund zu Ehren Miguel Indurains Miguelón genannt wurde.[10] Es wurden zahlreiche Knochen aus unterschiedlichsten Körperregionen gefunden, unter anderem ein auf den Namen „Elvis“ getauften Beckenknochen (Pelvis)[11] und sogar Gehörknöchelchen. „Elvis“ (die Bezeichnung spielt an auf Elvis Presley) ist der vollständigste Beckenknochen des Fossilienbestands. Er gehörte zu einem 1,75 m großen und 95 Kilogramm schweren männlichen Individuum. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass Homo heidelbergensis so groß war wie heutige Menschen, jedoch von robusterem Körperbau. Die Beckenhöhle war größer, was den Frauen die Geburt erleichterte.
Im Jahr 2013 gelang es Forschern des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, aus einem anhand der molekularen Uhr auf ein Alter von rund 400.000 Jahre geschätzten Oberschenkelknochen (Femur XIII) mitochondriale DNA (mtDNA) zu gewinnen und zu sequenzieren.[12] Völlig unerwartet wurde belegt, dass der Besitzer des Knochens etwa 300.000 Jahre vor seinem Tod einen gemeinsamen Vorfahren mit den Denisova-Menschen hatte und die untersuchte mtDNA-Probe eher diesen Denisova-Menschen ähnelte als den Neandertalern.[13] 2015 ergab die Analyse von DNA aus den Zellkernen von zwei Fossilien jedoch eine größere genetische Nähe zu den Neandertalern als zu den Denisova-Menschen und zum anatomisch modernen Homo sapiens. Die Linien zum Neandertaler und zum Denisova-Menschen müssen sich früher als vor 430.000 Jahren getrennt haben.[14] 2017 vorgenommene DNA-Vergleiche insbesondere mit einem etwa 124.000 Jahre alten Neandertaler-Oberschenkelknochen, gefunden bereits 1937 in der Hohlenstein-Stadel-Höhle (Schwäbischen Alb nahe Ulm) lassen ein Szenario möglich erscheinen, dass vor etwa 220.000 bis 470.000 Jahren eine ‚Vorhut‘ des modernen Menschen von Afrika nach Europa kam und sich mit dem Neandertaler so vermischte, dass dessen Denisova-ähnliche mtDNA durch die eigene ‚moderne‘ ersetzt wurde. Damit wäre das Paradox erklärt, dass bei allen jüngeren untersuchten Neandertaler-Funden einschließlich dem aus der Schwäbischen Alb die mtDNA Merkmale des modernen Menschen zeigt, die Kern-DNA dagegen Denisova-Merkmale,[15] was zu der ursprünglichen Fehleinschätzung 2013 führte.
Eine mögliche Erklärung für die große Ansammlung von Skeletten ist, dass der Ort eine Begräbnisstätte war. Nur ein einziges Steingerät wurde unter den Knochen gefunden, ein unbenutzter Faustkeil aus Quarzit und Ocker (im ganzen Komplex von Atapuerca wurde kein weiteres Werkzeug aus diesem Material gefunden). Er wurde 1998 entdeckt und erhielt den Namen Excalibur. Dies könnte ein Hinweis auf ein Beisetzungsritual sein.[16]
Unter den Karnivorenfossilien befinden sich Überreste von mehr als 180 Individuen der Bärenart Ursus deningeri.
Die Grabung Cueva Mayor ist aufgrund der Funde von weltweit einzigartiger Bedeutung.